Momentan sitze ich mal wieder an einem klassischen Herrenhemd. Und das bedeutet, dass das Innenleben des Hemdes auch mit klassischen Nähtechniken zu konstruieren ist. Da bin ich Purist. Eine Overlock kommt hier bestimmt nicht zum Einsatz, Zeitersparnis hin oder her.
Höchste Zeit ist es für den zweiten Beitrag unserer Serie Auch von innen schön!, die mit der Französischen Naht bei besonders delikaten Stoffen begann. Hier kommt nun die Anleitung zur Kappnaht, die sich auch für mittelstarke, nicht allzu hochflorige Stofftypen eignet.

Kappnähte sind allgegenwärtig. Überall dort, wo Kleidung aus Webstoff hergestellt wird, die einer stärkeren Beanspruchung unterliegen, sind Kappnähte zu finden, wie an den Innenseiten einer Jeanshose, bei Kinderkleidung oder eben beim klassisch verarbeiteten Herrenhemd.
Sie kommt überall dort zum Einsatz, wo vom Kleidungsstück größere Belastbarkeit und Formstabilität erwartet wird. Eine Kappnaht einer Jeans hält dann noch lange, selbst wenn der Stoff der beanspruchten Stellen schon längst weggewetzt ist.

Und das Tolle an der Kappnaht ist, sie sieht auch noch richtig gut aus. So gut sogar, dass sie manchmal als Designelement auf der Außenseite eines Kleidungsstückes zu sehen ist. Mit einer Zwillingsnadel und mit kontrastierendem Garn lässt sich der dekorative Charakter der Kappnaht noch betonen. Sie ist also ein Allrounder, nicht nur von innen, sondern auch von außen schön. Soll die Kappnaht außen sichtbar sein, werden im Schritt 1 die Stoffteile links auf links genäht; für eine innen liegende Kappnaht, so wie hier beschrieben, rechts auf rechts.
Eine weitere gute Nachricht: Für die Kappnaht ist zudem kein besonderer Nähmaschinenfuß oder anderes Zubehör notwendig.
Anleitung:
Schritt 1

Stoffteile wie üblich rechts auf rechts mit einer einfachen Naht zusammennähen. Ich empfehle eine Nahtzugabe von mindestens 1,5 cm. Bei deutlich kleineren Nahtzugaben wird der Nähvorgang leicht unhandlich.
Schritt 2

Bügeln! Wie ich schon bei der Anleitung zur Französischen Naht betonte, ist das Bügeln sehr wichtig. Der Bügelvorgang nimmt die Spannung aus der Naht und trägt zum Gelingen einer schön flach aufliegenden Kappnaht bei.
Beim Bügeln sollte man immer eine feste Reihenfolge einhalten! Und so wird gebügelt: Erst beide Nahtzugaben von beiden Seiten zusammen bügeln, dann die beiden Nahtzugaben auseinanderbügeln.
Schritt 3

Nun wird die Nahtzugabe, die von der anderen Nahtzugabe umfasst werden soll, auf ca. 3 mm zugeschnitten. Dadurch entfernen wir unnötigen Stoff und die spätere Kappnaht wird schön glatt und flexibel.
Schritt 4
Den Rand der anderen Nahtzugabe so falten und umbügeln, dass er parallel zur Naht und auf der gekürzten Nahtzugabe liegt. Am besten die gefaltete Nahtzugabe gleich noch mal bügeln, dann ‚weiß‘ der Stoff wo er liegen soll. Bei einigen Baumwollstoffen erspart man sich dadurch auch schon mal das Feststecken mit Nadeln.
Schritt 5

Die gefaltete Nahtzugabe nun knappkantig, d.h. nah an der Umschlagkante, absteppen. Die auf 3 mm gestutzte Nahtzugabe ist nun vollständig zugedeckt und eingenäht.
Voilà!
Die fertige Kappnaht sieht dann so aus:
L. von fabricandacuppa
P.S. Man kann die Kappnaht auch so nähen, dass man gleich von vorneherein bei der einen Nahtzugabe von 3 mm ausgeht. Mit dieser Methode erspart man sich das Zuschneiden, allerdings finde ich sie beim Nähen von Kleidung, wo ständig auf die exakte Einhaltung der Nahtzugabe zu achten ist, nicht besonders praktikabel, weshalb ich sie an dieser Stelle auch nur kurz erwähnt sei.